Basierend auf dem 2. Kapitel Die Entstehung der Dynamischen Psychiatrie aus dem Buch von Henri F. Ellenberger: Die Entdeckung des Unbewussten, Diogenes Verlag 2005
Justinus Kerner (1786 bis 1862) wuchs in Württemberg als Sohn eines Staatsbeamten auf. Sein Elternhaus lag direkt neben der „Irrenanstalt“ und er konnte von seinem Fenster aus die Kranken sehen. Er wurde im zwölften Lebensjahr durch den Magnetiseur Gmelin von einem nervösen Leiden geheilt. Fortan interessierte er sich für die Geheimnisse des menschlichen Geistes. 1819 wurde er Arzt und praktizierte bis 1862 in Weinsberg in Württemberg. Er hatte großes Interesse für das Geheimnisvolle und das Okkulte und er war der erste, der relevante biographische Dokumente über Mesmers Leben sammelte. Die Patienten in seiner Praxis, die ihm „besessen“ erschienen, behandelte er mit einer Mischung aus Exorzismus und Magnetismus.
Als er im Alter in eine ausgeprägte Depression fiel, machte er zum Zeitvertreib Tintenkleckse auf ein Blatt Papier, faltete es und führte die entstandenen Figuren weiter aus. Er beschrieb diese fantasievollen Formen in Versen. Diese Bilder seien Geister und Ungeheuer, sagte er. Posthum wurden diese Bilder unter dem Titel „Klecksographien“ veröffentlicht, und wurden später für Herrmann Rorschach eine Quelle der Anregung für seinen „Rorschach-Test“.